Dec 1, 2020
Hochintegrierte DC/DC-Wandler für Distributed-Power-Architekturen in Industrie-Applikationen stellen für Karsten Bier, CEO der RECOM, einen rasch wachsenden Zukunftsmarkt dar. Um ihn zu erschließen, kooperiert er bei der hoch automatisierten Fertigung der Wandler mit OSATs und Foundries in Asien.
RECOM rollt umfassendes Produktportfolio im Bereich 3D-Power-Packaging
®-Technologie aus
Markt&Technik: Sie treiben intensiv die
Fertigung von DC/DC-Wandlern in 3DPP-Technologie voran. Im Fokus stehen nicht-isolierten DC/DC-Wandler. Stoßen Sie damit in ein neues Marktsegment vor?
Karsten Bier: Wir beschäftigen uns schon seit über fünf Jahren mit dem Thema 3DPP und haben mit der RPM- und RPX-Familie bereits die ersten vollautomatisiert hergestellten POL-Wandler auf den Markt gebracht. In den letzten Monaten sind neue Power-Module hinzugekommen, und wir rollen dieses Portfolio in 2021 weiter dynamisch aus.
Wandler in 3DPP-Technologie zeichnen sich durch hohe Integration, kompakte Abmessungen und niedrige Bauhöhen aus. Treten Sie damit in direkte Konkurrenz zu Halbleiterherstellern, die ebenfalls in diesem Produktsegment tätig sind?
Eigentlich nicht, denn die Halbleiterhersteller und wir haben unterschiedliche Ziele – der Approach ist anders. Sie sind an hohen Stückzahlen interessiert und konzentrieren sich damit in erster Linie auf hochvolumige Anwendungen. Unser Ziel ist es, diese Technologie, die gegenüber bisherigen Fertigungstechnologien für Wandler, eine Steigerung der Leistungsdichte um den Faktor 4 zulässt, auch für Industriekunden und ihre kleinen bis mittleren Stückzahlen zugänglich zu machen. Unsere Kundenbasis umfasst heute weltweit über 100.000 Anwender. Ich sehe gute Chancen, darüber diese neue Technologie in unserem Industrie-Kernmarkt zu etablieren.
Entwickeln und fertigen Sie diese neue Wandlergeneration in eigener Regie, oder sind Sie Kooperationen mit Halbleiterherstellern und Fertigungspartnern eingegangen?
Entwickelt werden die Wandler in unserem R&D-Center in Gmunden, Österreich, in Kooperation mit der Halbleiterindustrie und OSAT´s und Foundries in Asien. Als Mittelständler könnten wir eine konkurrenzfähige Struktur ohne die Zusammenarbeit mit den entsprechenden OSATs und Foundries in Asien nicht realisieren. Für den Einstieg in dieses neue Marktsegment, in dem wir Plug-and-Play-Lösungen anbieten, haben wir uns sozusagen für einen Fabless-Ansatz entschieden. Wichtig war für uns auch, dass solche Kooperationen strategische Vorteile in einem sich ständig verändernden geopolitischen Umfeld bieten.
Es handelt sich um hochintegrierte Wandler, die nahezu ohne weitere zusätzliche Beschaltung auskommen. Wie wurde dieser hohe Grad an Integration realisiert?
Wir nutzen unter anderem Flip-Chip-on-Leadframe-Technologie und die Integration passiver Bauelemente in die Leiterplatte der Wandler, um diese hohe Packungsdichte zu realisieren. Gleichzeitig verläuft die Fertigung vollautomatisiert. Auf diese Weise können wir dem Entwickler ein Produkt anbieten, das nicht nur kleiner ist als bisherige Lösungen, sondern auch kostengünstiger als diskrete Lösungen. Nutzen kann diese nichtisolierten 3DPP-DC/DC-Wandler jeder Entwickler, der mit einer Distributed-Power-Architektur arbeitet. In ein paar Wochen werden wir einen Wandler mit 3 A auf den Markt bringen, dessen Abmessungen nach bisherigem Verständnis einfach unglaublich sind.
Wie umfangreich ist Ihr Programm bisher und welche Spannungs- und Strombereiche wird es abdecken?
Aktuell bieten wir Produkte mit Ausgangsströmen von 300 mA bis 6 A an. Wir arbeiten daran, dieses Spektrum in Zukunft auf 100 mA bis 25 A auszudehnen. Aktuell bieten wir Wandler für Spannungen bis 65 V an, aber auch hier arbeiten wir daran, den Spannungsbereiche nach oben zu erweitern. Entwickler im Bereich der E-Mobilität werden hier die Ohren spitzen.
Sie sprachen von Industrie-Applikationen. Ist geplant mit diesen DC/DC-Wandlern in 3DPP-Technologie in Zukunft auch in den Automotive-Bereich vorzustoßen?
Wir arbeiten derzeit an der entsprechenden AEC-Q100-Zertifizierung. Ich gehe heute davon aus, dass wir bereits im 2. Quartal 2021 entsprechende Wandler auf den Markt bringen werden, welche die Anforderungen der AEC-Q100-Qualifizierung durch einen erfolgreichen Testabschluss erfüllen. Mit diesen Produkten richten wir uns dann vor allem an das sich rasant entwickelnde Segment der Elektrofahrzeuge, in dem wir heute schon mit unseren klassischen Wandlermodulen vertreten sind, und an Einsatzbereiche wie E-Busse, EScooter und ähnliches.
Werden Sie in Zukunft auch isolierte Wandler anbieten oder lassen sich die Vorteile der 3DPP-Technologie dafür nicht im gleichen Umfang nutzen?
Nein, da gibt es keine Einschränkungen, obwohl das Ganze um einiges komplexer wird. Wir sind bereits dabei, isolierte Wandler anzubieten, die 3DPP-Technologie zur Integration neuster Transformer-Technologie in IC-Gehäuse nutzen. Der Kunde erhält hohe Isolation bei minimalen Abmessungen. Im Oktober wurde der RxxCTxx, ein 0,5-W-Wandler, auf den Markt gebracht, der mit seiner 5 kVAC Isolation für eine Minute und 2MOPP die hohen Anforderungen im Medizinbereich bei direktem Patientenkontakt erfüllt. Auch hier werden wir das Produktspektrum in Zukunft in Richtung höherer Ausgangsleistungen weiter ausbauen.
Wandler in 3DPP-Technologie zeichnen sich durch kompakte Abmessungen und geringe Bauhöhen aus. Welches Kriterium ist für den Entwickler wichtiger?
Da die meisten unserer 3DPP-Produkte eine maximale Bauhöhe von 4 mm aufweisen, ist der kritische Punkt nach unserer bisherigen Erfahrung der Footprint. Wenn unsere Wandler in der Kundenapplikation nicht mehr zu den höchsten Bauteilen zählen, können wir in diesem Bereich kaum noch dazu beitragen, die Abmessungen zu reduzieren. Aber mit der Reduzierung des Footprints auf der Leiterplatte können wir noch zur Verkleinerung des benötigten Bauraums in der Kunden-Applikation beitragen.
RECOM verfügt bereits an breites Spektrum an AC/DC- und DC/DC-Wandlern. Rechnen Sie mit Substitutionen, oder erschließen die 3DPP-Wandler ganz neue Anwendungsbereiche?
Es besteht kein Zweifel daran, dass konventionelle Stromversorgungen mit ihrer hohen Varianz an Produkten weiterhin eine tragende Rolle im Markt der Stromversorgungen spielen werden. 3DPP ist für uns in erster Linie eine zukunftsgerichtete Alternative für extrem hoch integrierte Anwendungen. Wir erschließen uns damit also neue Anwendungsbereiche, und profilieren uns gleichzeitig gegenüber Halbleiterherstellern, die ebenfalls in diesem Produktbereich tätig sind. Gleichzeitig arbeiten wir eng mit Halbleiterherstellern zusammen, um die vielversprechenden Möglichkeiten der 3DPP-Technologie in Zukunft noch weiter zu skalieren.
Das Interview führte Engelbert Hopf.