Eine zentrale Erkenntnis ist, dass Stromversorgungsstakeholder zwar die Outputs verantworten müssen, jedoch selten in den Prozess eingebunden sind, der zu den Inputs führt. Angesichts der Tatsache, dass das Power Engineering ein hochspezialisiertes Fachgebiet mit multidisziplinärem Hintergrund ist – in der Regel aufgebaut durch viele Jahre praktischer Erfahrung – ist es erstaunlich, wie selten diese Expertise frühzeitig einbezogen wird. Besonders kritisch ist dies, da Stromversorgungsteilsysteme oft der primäre Schlüsselfaktor für die Optimierung von Systemgröße, Gewicht, Leistung und Kosten (SWaP-C) sind. Da keine Elektronik ohne Strom funktioniert, gehören auch Leistung und Zuverlässigkeit zwingend auf diese Liste. Erschwerend kommt hinzu, dass der Projektzeitplan häufig auf einem idealisierten, fehlerfreien Entwicklungszyklus basiert – oft zusätzlich um 10% verkürzt, um die Time-to-Market (TTM) gegenüber der Vorgängergeneration noch weiter zu beschleunigen – was die ohnehin schon unrealistischen Anforderungen zusätzlich verschärft.
Nun beginnt der Verhandlungsprozess. Ingenieure sind darauf trainiert, Probleme zu lösen. Wenn sie mit einer Liste herausfordernder Aufgaben konfrontiert werden, ist der erste Reflex, sofort nach Lösungen zu suchen (z. B.: Gibt es ein vorhandenes Teil, das diese Leistungsdichte und diesen Footprint erfüllen kann? Soll der Luftstrom von vorne nach hinten oder von hinten nach vorne verlaufen, um die thermischen Anforderungen des Systems zu erfüllen? Und so weiter...). Schon dieser erste Schritt ist eine Gelegenheit, innezuhalten und das Systembudget sowie dessen Entstehung genau zu hinterfragen.
Wie oft ziehen beispielsweise alle Lasten – insbesondere die größeren – tatsächlich gleichzeitig ihren Maximalstrom? Viele Teilsysteme sind so ausgelegt, dass sie in Gegenphase zu anderen arbeiten (z. B. klassische Beispiele für Rechen- und Speicherleistungsanforderungen oder Betriebszyklen wie Schlafen/Wachen/Senden), sodass es selten sinnvoll ist, die Summe der Maxima – oft aus Datenblättern mit bereits unrealistischen Maximalwerten plus Sicherheitsmarge abgeleitet – für das aggregierte Leistungsbudget heranzuziehen.
Berücksichtigen Sie jeden Berührungspunkt dieses Leistungsbudgets von der Entstehung bis zur Finalisierung. Jeder Stakeholder wird tendenziell eigene Margen hinzufügen, um seine spezifischen Vorgaben abzusichern – was sich im Laufe des Prozesses stark aufsummiert. Diese zusätzlichen „Fettschichten“ verursachen erhebliche Mehrkosten und binden Ressourcen für die Auslegung auf extrem unrealistische Betriebsszenarien, selbst unter Berücksichtigung extremer Worst-Case-Modelle.
Ein weiterer wichtiger Punkt im Kampf gegen aufgeblähte Systemleistungsbudgets ist, die größten Chancen für Optimierung zu erkennen. Beginnen Sie damit, die größten und anspruchsvollsten Lasten im System zu identifizieren, und sprechen Sie mit den maßgeblichen Stakeholdern, die am besten verstehen, was diese Lasten tatsächlich an Leistung benötigen. Sammeln Sie dabei nach Möglichkeit reale Charakterisierungsdaten. Dieser Ansatz öffnet oft die Tür zur Einführung intelligenter Leistungsmanagement- (IPM-)Techniken, wie z. B. die Zusammenfassung von Niederspannungs-Stromschienen, Lastverteilung oder -abwurf sowie kurzfristige Leistungszuteilung.
IPM wird definiert als eine „Kombination aus Hardware und Software, die die Verteilung und Nutzung elektrischer Energie in Computersystemen und Rechenzentren optimiert“ [1]. Auch wenn der Begriff ursprünglich im Rechenzentrumsumfeld geprägt wurde, ist seine Anwendung weitreichend, da IPM eher eine Denkweise im Designansatz darstellt als eine spezifische Lösung. Beispielsweise kann ein Wechsel des Denkmodells bei der Architektur des Stromversorgungssystems von „immer eingeschaltet“ zu „immer verfügbar“ einen echten Paradigmenwechsel im Endergebnis bewirken. Dies erfordert eine enge Zusammenarbeit sowohl mit internen Teammitgliedern als auch mit externen Anbietern.
Mit anderen Worten: Es ist oft wesentlich einfacher, schneller und kosteneffizienter, den Aufwand darauf zu richten, das Systemleistungsbudget auf eine realistische Zusammenfassung der maximalen Worst-Case-Leistungsbelastung (aus der Perspektive jeder einzelnen Stromversorgung) zu reduzieren, anstatt zu versuchen, die Physik – oder verfügbare Komponenten – an unrealistische Erwartungen anzupassen. Angesichts des konstanten Drucks auf Zeit- und Kostenreduzierung ermöglicht dieser Ansatz einen deutlich reibungsloseren Verhandlungsprozess zwischen den Team-Stakeholdern und hilft, ein pragmatisches Gleichgewicht zwischen Zeit, Kosten und Qualität herzustellen. Diese unvermeidlichen Kompromisse sind eng miteinander verknüpft, ganz gleich, wie sehr wir uns wünschen, dass dem nicht so wäre, wie in der nachstehenden Abbildung dargestellt. Ein Produkt kann zum Beispiel für zwei der drei Faktoren – Zeit, Kosten oder Qualität – optimiert werden, aber selten für alle drei gleichzeitig.