Stromversorgung von medizinischen Gerätschaften zur häuslichen Pflege

Gesundheitssymbole auf blauen Sechsecken
Medizinische Ausstattung zur häuslichen Pflege müssen potenziell schwierigeren und weniger kontrollierten Bedingungen standhalten als solche, die in der klinischen Umgebung verwendet werden. Dieser Artikel befasst sich mit der Norm, die für die Sicherheit elektrischer Geräte gilt, ihren besonderen Anforderungen und der Art und Weise, wie diese von Standardprodukten erfüllt werden können.

Geräte zur häuslichen Krankenpflege befinden sich in einem prekären Umfeld

Bei industriellen oder professionellen medizinischen Umgebungen denken wir oft an „raue“ Umgebungen, in denen strenge Hygiene- und Sicherheitsstandards für die Geräte gelten – die Betriebsbedingungen sind jedoch zumindest klar definiert. In einer häuslichen Umgebung gibt es eine Vielzahl anderer Variablen, die die Leistung medizinischer Stromversorgungen und Geräte beeinträchtigen können und von den Entwicklern bei ihren Risikobewertungen berücksichtigt werden müssen.

Neben offensichtlichen Schwankungen von Temperatur und Luftfeuchtigkeit können Geräte unsachgemäß durch ungeschulte Anwender oder Pflegekräfte bedient werden – oft in einer Umgebung mit Kindern und Haustieren. Verschüttete Flüssigkeiten, Hausstaub, Essensreste, Tierhaare und medizinische Abfälle können hinzukommen. Die Netzversorgung ist möglicherweise nicht ausreichend geerdet, und Spannungseinbrüche, -spitzen oder Überspannungen sind keine Seltenheit. Ebenso kann elektromagnetische Störung durch andere Haushaltsgeräte die Funktion beeinflussen. Die Bedienung komplexer, tragbarer medizinischer Geräte kann für ältere oder kranke Menschen eine Herausforderung sein.

Um diesen Risiken gerecht zu werden, müssen medizinische elektrische Geräte für den Hausgebrauch bestimmte Anforderungen an Sicherheit, Leistung und EMV erfüllen. Die zentrale Norm für medizinische Gerätesicherheit und Leistung ist IEC 60601-1. Ergänzt wird sie durch die IEC 60601-1-11 „Anforderungen an medizinische elektrische Geräte und Systeme in der häuslichen Gesundheitsversorgung“. Die aktuell gültige Fassung datiert auf 2015 mit Ergänzung A1:2021.

Besondere Anforderungen der IEC 60601-1-11 beinhalten etwa, dass netzbetriebene Geräte auch bei Spannungseinbrüchen von 15% (bzw. 20% bei lebenserhaltender oder notfallmedizinischer Anwendung) weiter funktionieren müssen. Außerdem muss ein Mechanismus vorhanden sein, der die wesentlichen Funktionen des Geräts auch nach vollständigem Netzausfall für eine definierte Zeit aufrechterhält – inklusive Warnsystem bei Gefährdung. In der Praxis bedeutet das: Batteriepufferung mit Zustandsüberwachung und Alarmfunktionen. Geräte mit DC-Versorgung müssen zusätzlich Spannungsschwankungen und 30-sekündige Einbrüche überstehen.

Tragbare medizinische Ausrüstung zur häuslichen Pflege müssen jetzt der Klasse II angehören

Eine entscheidende Änderung ist, dass AC-betriebene medizinische Geräte für den Hausgebrauch heute als Klasse II ausgeführt sein müssen – also ohne funktionale Erdung. Dies erfordert eine doppelte Isolierung (siehe Abbildung 1). Klasse I Geräte mit Schutzleiteranschluss sind nur noch in fest installierten Systemen zulässig. Dort gelten strenge Prüf- und Kennzeichnungspflichten vor Inbetriebnahme durch geschultes Fachpersonal.
Anschlussschema für medizinische Geräte
Abb. 1: Isolationsmerkmale einer medizinischen Stromversorgung der Klasse II
Ist das Gerät gleichzeitig mit Netzspannung und einem Patienten verbunden (z.B. über ein Ladegerät), müssen zwei Schutzmaßnahmen gegen Stromschlag vorhanden sein (2MOPP). In Klasse II Geräten wird das durch vergrößerte Kriech- und Luftstrecken und/oder geeignete feste oder mehrschichtige Isolierungen erreicht. Die Isolationsauslegung hängt von Netzspannung, Verschmutzungsgrad und Einsatzhöhe ab. Patientenanschlüsse – wie etwa verkabelte Sensoren – müssen mindestens BF (Body Floating) spezifiziert sein, was einen maximal zulässigen Wechselstrom-Ableitstrom begrenzt.

Falls das medizinische Gerät elektrischen Kontakt mit dem Patienten herstellen kann und zudem dafür ausgelegt ist, mit anderen, nicht näher definierten Geräten verbunden zu werden – typischerweise über eine optionale USB- oder LAN-Schnittstelle zur Überwachung oder Datenaufzeichnung –, muss auch diese Schnittstelle isoliert sein, um die Anforderungen an 2 MOPP zu erfüllen. Dies stellt sicher, dass ein Fehler im externen Gerät keinen gefährlichen Stromfluss über das betrachtete Gerät zum Patienten verursachen kann. Ebenso müssen – wie bei Krankenhausgeräten – BF- (und CF-) Anwendungsteile gegenüber jeder möglichen Erdverbindung isoliert sein, zum Beispiel über eine Abschirmung in einem Kabel zu einem anderen unspezifizierten Gerät. Dies verhindert, dass, gefährliche Ströme aus defekten, externen elektrischen Geräten über den Patienten zum betrachteten Gerät und weiter zur Erde fließen.

EMV-Emissionswerte der Klasse B für leitungsgebundene und gestrahlte Strahlung sind jetzt obligatorisch

Zur Reduktion von leitungsgebundenen und abgestrahlten EMI-Störungen im häuslichen Umfeld fordert IEC 60601-1-11 die Einhaltung der CISPR 11 (Ausgabe 2015/AMD2:2019), Klasse B. Im klinischen Umfeld ist Klasse A ausreichend – diese ist jedoch weniger streng. In Wohnbereichen ist zudem die Störfestigkeit gegenüber HF-Strahlung von 3V/m auf 10V/m erhöht worden, da mit stärkerer elektromagnetischer Beeinflussung durch andere Haushaltsgeräte zu rechnen ist. Zudem müssen die grundlegende Sicherheit und Funktionalität des Geräts auch während festgelegter Störpegel erhalten bleiben.

Die Norm umfasst weitere Anforderungen an mechanische Festigkeit, Umwelteinflüsse, IP-Schutzarten, Wartung, Kennzeichnung, Dokumentation und mehr. Gerätehersteller müssen diese Normen im Detail prüfen, potenzielle Gefährdungen bewerten und diese bereits in der Produktentwicklungsphase berücksichtigen.

AC/DC-Stromversorgungen sind ein kritisches Sicherheitselement

Technische Zeichnung mit Bemaßung und 3D-Ansicht der RECOM RACM40-K-Serie
Abb. 2: RECOM RACM40-K – 40W AC/DC-Modul für die häusliche Pflege
Ein zentrales Element der elektrischen Sicherheit stellt die AC/DC-Stromversorgung dar. Da Geräte im häuslichen Umfeld häufig tragbar und kompakt sind, kommen bevorzugt platinenmontierte Module zum Einsatz. RECOM bietet hierfür ein breites Portfolio an AC/DC-Stromversorgungen im Leistungsbereich von 6W bis 65W an – alle zertifiziert mit 2MOPP (min. 240VAC), Klasse II und mit BF-konformem Ableitstrom.

Die Eingangsspannung reicht mindestens bis 90VAC – ideal zur Einhaltung der 20%-Toleranz unterhalb von 115VAC laut Norm. Die RACM40-K Serie (siehe Abbildung 2) ist in einem gekapselten Format von 1,8" x 3,2" x 1,2" erhältlich. Sie verfügt über Ausgangsspannungen von 5V bis 48VDC und arbeitet bis 85°C mit Derating. Neben der medizinischen 2 MOPP-Zertifizierung für 5000m Höhe ist die Serie auch für IT-, Haushalts-, Industrie- und Multimedia-Sicherheitsstandards zertifiziert und für Überspannungskategorie III geeignet.

Für fest installierte Homecare-Anwendungen sind auch chassis-montierte Open-Frame oder geschlossene Stromversorgungen mit medizinischer Zulassung im Leistungsbereich von 15W bis 1200W verfügbar.
Produkt der REM10-Serie von RECOM neben einer 1-Euro-Münze
Abb. 3: RECOM REM10-Serie – 10W DC/DC-Modul mit 2 x MOPP im DIP24-Gehäuse
Isolierte externe Schnittstellen von Homecare-Medizingeräten erfordern häufig isolierte Stromversorgungen, die durch DC/DC-Wandler bereitgestellt werden können. RECOM bietet hierfür Bauteile im Leistungsbereich von 1W bis 60W an. Diese DC/DC-Wandler verfügen über eine 2 MOPP-Isolierung und eine große Auswahl an Ein- und Ausgangsspannungen. Ein Beispiel ist die REM10-Serie (Abbildung 3), die 10W in einem kompakten DIP24-Gehäuse mit einem weiten 4:1-Eingangsbereich und nur 2µA Patienten-Ableitstrom integriert. Eine optionale Abschaltsteuerung begrenzt die Leistungsaufnahme im Standby-Modus auf 12,5mW – ideal für energieempfindliche, batteriebetriebene Anwendungen.

2MOPP-isolierte DC/DC-Wandler können auch in Kombination mit leistungsstärkeren AC/DC-Produkten eingesetzt werden, um eine galvanische Trennung zwischen Eingangskanälen bei multiparametrischen, patientenverbundenen Geräten zu ermöglichen. Damit lassen sich höhere Gesamtisolationen oder ein geringerer Patienten-Ableitstrom erzielen.

Auch die Effizienz der Energieumwandlung ist ein Thema

In Homecare-Medizingeräten gibt es in der Regel auch Anforderungen an nicht-isolierte Schaltreglermodule auf der Platine, um verschiedene interne Versorgungsspannungen bereitzustellen. Zwar beziehen sich die medizinischen Normen nicht direkt auf diese Bauteile, doch ist das Gerät in der Praxis häufig batteriebetrieben – entweder im Normalbetrieb oder als Notstromversorgung. Daher ist die Batterielaufzeit von großer Bedeutung. Jede DC/DC-Wandlung sollte daher so energieeffizient wie möglich sein. Kompakte Lösungen finden sich im breiten Portfolio nicht-isolierter Bauteile von RECOM, erhältlich in verschiedenenBauformen und Leistungsklassen.
Anwendungen
  Serie
1 AC/DC, Single Output RACM40-K Series
Fokus
  • 1.6“x3“, open card units; optional 2“x3“
  • 1.8“x3.2“, encapsulated modules
  • 40W power from -40°C up to +65°C ambient
  • Operating temp. up to +85°C with derating
2 DC/DC, 10 W, THT REM10 Series
Fokus
  • Reinforced insulation for 250VAC working voltage
  • Clearance and creepage distance: 8mm
  • 5kVAC I/P to O/P 2MOPP isolation
  • 2µA patient leakage current