Bei der Evaluierung neuer Schalttransistor-Schaltungen werden häufig nur die Transistorspezifikationen berücksichtigt. Ein entscheidender Faktor, der die Robustheit des Gesamtdesigns beeinflusst, ist jedoch die
Treiberschaltung. Um den Einfluss der Treiberparameter besser zu verstehen, betrachten wir zunächst die idealen Bedingungen anhand eines IGBT-Transistors (IKW20N60H3).
Laut Datenblatt des Transistors bei 25°C gelten folgende Parameter:
Vge max = ± 20V
Gate-Emitter-Spannungsschwelle = 4,1V - 5,7V
Basierend auf diesen Werten ist eine Gate-Treiberversorgung von +15V relativ zu GND ausreichend. Unter idealen Bedingungen würde die entsprechende Treiberschaltung folgendermaßen aussehen:
Abb. 1: Einfache Gate-Treiberschaltung für einen idealen IGBT
Sieht ziemlich einfach aus! Bedenkt man jedoch die parasitären Elemente, wird das reale Modell komplexer:
Abb. 2: Realistische Gate-Treiberschaltung einschl. der IGBT-Störkomponenten
Berücksichtigt man nun, dass auch die Gate-Emitter-Schwelle über den Temperaturbereich variiert, wird deutlich, dass die Schwellenspannung mit steigender Temperatur erheblich abnimmt (mehrere mV/K) und im ungünstigsten Fall deutlich unter den typischen Minimalwert von 4,1V bei 25°C fallen kann.
Abb. 3: Änderung der Gate-Emitter-Schwellenspannung bei Temperaturwechsel
Die Treiberschaltung muss so ausgelegt sein, dass ein ungewolltes Einschalten unter allen Betriebsbedingungen verhindert wird. Andernfalls kann es zu Nebenschlüssen oder sogar Kurzschlüssen kommen, was sich in erhöhten Verlusten, stärkerer Bauteilbelastung, verkürzter Lebensdauer, verschlechterter EMV-Performance und im Extremfall in der Zerstörung des Transistors äußern kann.
Im Wesentlichen gibt es zwei Arten von unerwünschten Einschaltvorgängen:
Unerwünschtes Einschalten durch Wirkung der Miller-Kapazität (C
reverse)
Unerwünschtes Einschalten durch Wirkung der parasitären Induktivitäten (L
gate and L
emitter).